Wer zukünftig Reisen mit dem Flugzeug aus dem nördlichen Hessen plant, hat ab sofort die Möglichkeit, einen neuen „Großflughafen“ in der Region zu nutzen. Denn heute wurde offiziell der neue Regionalflughafen Kassel-Calden eröffnet. Geplant und verabschiedet in Zeiten eines Flugreisenbooms – maßgeblich geprägt durch die zahlreichen neuen Low Cost-Fluggesellschaften – fällt die Eröffnung des Flughafens nun in eine Zeit der Konsolidierung bei vielen Fluggesellschaften.

Die Kritik an dem Projekt ließ deshalb auch nicht lange auf sich warten. Schon weit vor dem heutigen Eröffnungstermin klagten die Flughafengegner über eine viel zu geringe Auslastung des ehemaligen Kleinflughafens und eine Verschwendung von Steuergeldern. Vergleiche mit anderen aus dem Ruder gelaufenen Großprojekten, wie der Hamburger Elbphilharmonie oder dem Nürburgring wurden bemüht, doch es half nichts. Trotz der teilweisen warnenden wirtschaftlichen Entwicklungen anderer Regionalflughäfen in Deutschland wollten die verantwortlichen Politiker auch in Hessen ein entsprechendes Projekt durchsetzen. Aber macht der Verkehrsflughafen Kassel-Calden wirklich Sinn?

Aus Sicht der verantwortlichen Politiker wohl eindeutig ja. Nach deren Sprachgebrauch ist der Flughafen Kassel-Calden ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung Nordhessens, ob sich dieser aber nachhaltig wirtschaftlich betreiben lässt, scheint direkt nach dem Start mehr als fraglich zu sein. Der Flugplan auf der Webseite des Airports weist – zumindest am heutigen Tage – noch relativ große Lücken auf. Das Angebot an Flügen ist überaus überschaubar. Für manche dort bereits ausgelobte Flugverbindungen stand noch nicht einmal die Abflugzeit fest. So passt es denn auch ins Bild, dass nur wenige Tage vor der Inbetriebnahme die ersten Flüge mangels Nachfrage bereits wieder gestrichen wurden.

Bis 2020 sollen nach Meinung der Planer 640.000 Passagiere im Jahr abgewickelt werden. Damit soll dann ein kostendeckender Betrieb möglich sein und der Flughafen nicht mehr am Tropf öffentlicher Fördergelder hängen. Nach dem sehr holprigen Start kommt damit eine wirkliche Herkulesaufgabe auf die neuen Flughafenchefs zu. Zunächst einmal müssen die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter überzeugt werden, ab Kassel-Calden regelmäßige Verbindungen aufzulegen. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten, denn fast in Reichweite (ca. 70 Kilometer) befindet sich mit Paderborn ein weiterer Regionalflughafen, der allerdings schon jahrelang am Start ist. Und auch die Flughäfen von Hannover und Frankfurt sind nicht unerreichbar weit entfernt.

Bisher wurden für den Bau des Flughafens bereits 271 Millionen Euro ausgegeben. Ob es sich mit Kassel-Calden um ein millionenschweres Prestigeobjekt handelt, das dauerhaft nur mit erheblichen Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln überleben kann oder ob daraus ein florierendes Unternehmen werden kann, mag jeder selbst beurteilen.